Viele, die mich kennen, mögen es nicht glauben, doch ich bin nicht immer die positive, selbstbewusste und starke Frau, die viele in mir sehen. Ich bin emotional nicht immer stabil und psychisch mitunter mehr als angeschlagen. Eine Nachricht gestern am Abend und ein paar Stolpersteine in den vergangenen Tagen und Wochen – die eigentlich Kleinigkeiten sind, aber in Summe zu einem großen Berg heranwuchsen (zumindest empfinde ich das im Moment so) – machen mir heute schwer zu schaffen. Dazu dieser Corona-Krieg (ja, ich nenne es Krieg, ich nehme dieses Wort in den Mund, weil es das ist – nimm es oder lass es) und ich frage mich, was das alles soll?
Ich wanke zwischen Zorn und Frust, zwischen Aufgabe und Aufstand. Eigentlich bin ich in mir richtig wütend, übermäßig sauer und aufgebracht. Wenn ich könnte, würde ich den oder die – wer oder was auch immer dafür verantwortlich ist, dass es dieses Menschsein mit all den Höhen und Tiefen (vor allem die nerven) gibt – am liebsten niederbügeln, so richtig treten, schlagen und zum Mond schießen (wenn er/sie/es nicht sowieso seinen/ihren/seinen Sitz dort hat). Ok, mein Humor ist noch da, na wenigstens …
Keine Sorge, ich springe nicht von der Brücke und fahre auch nicht gegen einen Baum (auch wenn ich in schlechten Momenten denke, das wäre die Lösung, ist es aber nicht, weil es nicht das Ende ist, aber das ist eine andere Geschichte). Manchmal aber braucht es die Ehrlichkeit, die Offenheit und das Kommunizieren der eigenen, im Moment wahrgenommenen, Wahrheit. Und jetzt gerade ist meine Wahrheit, dass es mich einfach nur ankotzt. Immer wieder dieses „Zurückgeschossenwerden“, immer wieder eine neue Hürde überwinden müssen, einen neuen Berg erklimmen müssen. Es nervt!
Wenn ich es wenigstens vorher schon sehen oder erahnen hätte können (was diese Nachricht betrifft), aber nein, es kommt immer wie aus dem Nichts. Wenn ich gerade – bildlich gesprochen – baustellenfrei oder nur minimal angeschlagen bin, dann hätte diese Nachricht – die im Grunde nichtig und gar nicht so schlimm ist, aber eben unerwartet und ihre Auswirkungen hat – mir mit Sicherheit nur einen Grinser und die Antwort: „Schade, haben wir halt Pech gehabt“ gekostet. Doch wenn alles zusammenkommt, kann einen das echt crashen – und nerven (ich denke, ich sagte das schon).
Ich bin des Kämpfens (so fühlt sich mein Leben seit meiner Geburt leider immer wieder an) müde. In solchen Momenten wünschte ich mir ein Leben führen zu dürfen, in welchem ich jeden Tag froh und frei durch dasselbige tänzle und mir nichts und niemand etwas anhaben kann. Egal, welche Bombe neben mir einschlägt oder vor mir platzt. Ich wünschte mir, ich wäre das Licht oder die reine Luft, der nichts etwas anhaben kann, weil sich alles in ihr auflöst. Ich wünschte, ich wäre der Baum, der jedem Sturm trotzt, weil er sich darin wiegt, anstatt sich gegen ihn zu stemmen. Ich wünschte, ich wäre das Wasser, dem das Wellenschlagen keine Schmerzen verursacht, weil es sich im Schlagen auflöst und eins wird mit dem, auf das es schlägt.
Trotz meiner vielfältigen und lehrreichen konventionellen und unkonventionellen Ausbildungen und Therapien passiert es mir an Tagen wie diesen immer noch, dass ich hart auf dem Boden der Tatsachen aufschlage, am untersten Tiefpunkt ankomme und mir dann die Frage stelle: „Macht das Leben überhaupt einen Sinn? Ist es das Kämpfen denn wert?“
Ja, doch, das ist es! Ja, das ist es definitiv! Aber es darf Momente wie diese geben. Es darf sein.
Und das Wichtigste ist, in diesen Momenten präsent zu sein und sie zu teilen. Teilen macht es erträglicher. Teilen unterstützt dabei, dass die Macht, die dieses Tief auf einen ausübt, nicht mehr so groß ist. Teilen macht das Menschsein aus.
Wir teilen viel, siehe Facebook & Co oder auf Blogs, wie meinen hier. Wir werden auch zum Teilen aufgefordert, vor allem, wenn andere Menschen schlechte Zeiten erleben oder einfach deswegen, weil wir vielleicht mehr haben als andere und uns gesagt wird, dass die, die viel haben, mit denen teilen sollen, die wenig oder nichts haben. Hauptsächlich werden wir aufgefordert zu teilen, wenn – oder weil – es uns gut geht. Manchmal wird einem sogar ein schlechtes Gewissen gemacht, wenn man nicht teilt, obwohl es einem – vermeintlich, denn das liegt immer im Auge des Betrachters – gut geht.
Doch ich plädiere und mache mich stark dafür, vor allem auch dann zu teilen, wenn es einem nicht gut geht. In erster Linie sollte man sich mitteilen, sollte man sein Leid – und das empfundene Leid ist immer relativ – ausdrücken. Und das hat nichts damit zu tun, sich als Opfer darzustellen oder als Suderant (beides wären dann Interpretationen jener, die Menschen nicht auf Augenhöhe und mit dem Herzen begegnen können oder wollen). Es hat auch nichts damit zu tun (oder sollte es zumindest nicht, aber das liegt bitte auch an jedem Menschen und seiner Einstellung), dass ich Unterstützung, Hilfe, einen Heilsbringer, einen Gönner, einen Lottosechser oder sonst etwas geschenkt bekomme oder – allgemein gesagt – eine Lösung erwarte. Es ist lediglich ein Mit-Teilen, ein Austausch, ein Geben dessen, was in einem ist. Nicht mehr und nicht weniger.
Und es tut gut, denn ich selbst stelle gerade fest, dass mir das Niederschreiben dessen, was in mir wühlt und mich zu diesem Text animiert hat, guttut. Dabei kann ich gerade auf diesem Weg keine Antwort, keine Hilfe, keine Lösung erwarten, denn ich schreibe nur einen Blogartikel, der von wem auch immer gelesen wird und da ich die Kommentarfunktion aufgrund unzähliger Spam-Nachrichten in der Vergangenheit nun endgültig deaktiviert habe, wird auch keiner auf mich zukommen und mir seine Hilfe anbieten können und das ist gut so. Denn es geht eben nicht darum. Es geht lediglich ums Teilen an sich, denn die Lösung liegt in mir, das ist mir wohl bewusst und bekannt, schließlich bin ich immer noch hier – hier in meinem Leben.
Vielleicht bin ich doch das Licht, die Luft, der Baum oder das Wasser, denn eben habe ich das Gefühl, dass sich alles irgendwie aufgelöst und der Sturm gelegt hat. Wow! Teilen hat etwas Wunder-volles, Teilen hat etwas Magisches, Teilen macht Sinn. Ein Versuch ist es allemal wert!